Stottern allgemein
Ursachen des Stotterns
Es gibt nicht die eine Ursache für das Stottern, sondern viele Faktoren, die dazu führen können.
Aus der Wissenschaft sind bisher zwei Ursachen belegt. Zum einen kann Stottern vererbt werden. Dies lässt sich statistisch anhand der Datenlage über Familien gut nachweisen. Zum anderen wurden in Studien bei Untersuchungen mittels Kernspinntomographie (MR) neurologische Ursachen entdeckt. Es gibt Veränderungen im Gehirn (anatomisch und funktionell), die dazu führen, dass die Werkzeuge zum Sprechen (Stimmlippen und Artikulationsorgane) nicht richtig angesteuert oder nicht richtig koordiniert werden können und es so zu Stotter-Symptomen kommt.
Weitere Ursachen konnten bisher wissenschaftlich nicht belegt werden. Für den Ausprägungsgrad und die Einflussnahme des Stotterns auf andere Lebensbereiche spielt auch die psychische Komponente eine große Rolle. Als Ursache per se gilt eine psychische Störung, Stress oder ein erlebtes Trauma jedoch nicht. Psychische Faktoren gelten ehr als Verstärkungsfaktoren.
„Atmungsstörungen“, „Erziehungsfehler“ oder „Imitation“ als Ursache für das Stottern sind sogar wissenschaftlich widerlegt. In der Kommunikation mit Patienten ist es uns daher besonders wichtig darauf hinzuweisen, dass Eltern durch ihr Verhalten keine Schuld am Stottern ihrer Kinder tragen!
Psychische Störungen, Stress oder ein traumatisches Erlebnis als Ursache sind wissenschaftlich ebenfalls widerlegt. Sicher kann ein Trauma der auslösende Moment für das Stottern gewesen sein und auch Aufregung oder Stress beeinflussen die Stärke des Stotterns. Aber es muss bereits eine Anlage gegeben haben – eine Ursache, so dass das Stottern dann ausgelöst werden kann.
Ausführliche Informationen zum Thema finden Sie in der Patientenleitlinie „Stottern und Poltern“ oder bei der BVSS oder in den S3-Leitlinien „Redeflussstörungen“.
“Heilung” von Stottern
Das Thema „Heilung“ spielt im Zusammenhang mit Stottern immer wieder eine zentrale Rolle, da viele Betroffene sich wünschen, „dass es völlig weggeht“. Diese Hoffnung ist sehr verständlich, kommt in der Praxis aber an ihre Grenzen.
Während eine Spontanremission im Kindesalter noch wahrscheinlich sein kann, nimmt sie mit zunehmendem Alter deutlich ab. In der Fachliteratur gibt es Angaben, dass eine Remission bis zum ca. 10. Lebensjahr möglich ist, andere Studien setzen die Spanne der Pubertät als endgültigen Zeitpunkt.
Wenn das Stottern im Jugend- und Erwachsenenalter noch besteht, dann muss man auf Basis der gegenwärtigen Datenlage leider davon ausgehen, dass eine Remission höchst unwahrscheinlich ist. Eine Methode, die Stottern heilt, gibt es bisher nicht!
Für Therapien im Kindesalter steht die Remission als Ziel allerdings im Fokus, da hier das Fenster der Sprachentwicklung dies durchaus ermöglicht. Unabhängig davon sollten aber wichtige Bausteine einer Stottertherapie stets die Förderung der Sprechfreude und das Abbauen von Vermeideverhalten sein. Eine Therapie sollte einen guten Umgang mit Stottern und das Erlernen von Techniken für flüssigeres Sprechen ermöglichen. Aber ob Stottern „völlig weggeht“, liegt nicht alleine in den Händen der Therapie, sondern hängt von zahlreichen Begleitfaktoren ab.
Auch für Jugendliche und Erwachsene ist eine Heilung ausschließlich durch eine Therapie bisher nicht bekannt und somit ebenso nicht als realistisch anzusehen. Die Therapie gibt die Möglichkeit, das Sprechen besser zu kontrollieren und flüssiger sprechen zu können, sie ermöglicht einen selbstbewussteren Umgang mit dem Stottern, aber es wird in den meisten Fällen immer ein Teil des Lebens sein.
Trotz der beachtlichen Erfolge verspricht deshalb die Kasseler Stottertherapie keine Heilung. Auf Basis der heutigen Datenlage wäre das schlichtweg unseriös! Aber dennoch können wir Ihnen ein flüssigeres Sprechen mit mehr Sprechkontrolle und -sicherheit versprechen.
Direkt nach der Therapie haben die meisten in der Regel eine Phase mit sehr guter Sprechkontrolle und Sprechsicherheit, aber entscheidend ist nicht der kurzfristige Erfolg, sondern die längerfristige Wirksamkeit der Therapie und die Verfügbarkeit des Gelernten im Alltag. Diesen lebenslangen Erfolg streben wir an und deshalb ist auch die Nachsorge im Therapiekonzept der Kasseler Stottertherapie so wichtig.
Kurzfristige „Überbrückungen“ von Redeflussstörungen sind beispielsweise durch gezielte Atemtechniken relativ leicht erreichbar, haben aber keine Nachhaltigkeit. Auf Basis solcher Techniken, die unsere Patienten natürlich auch erlernen, sprechen wir aber nicht von Therapieerfolg.
Mehr zum Thema „Therapieerfolg“ finden Sie im Bereich Erfolge.