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FAQ – Antworten auf Ihre häufigsten Fragen

  • „Wie viele Menschen stottern eigentlich?“

    Rund 5 % aller Kinder zeigen in den ersten neun Lebensjahren Stottersymptome, die mindestens 6 Monate andauern. 50 % der Kinder beginnen mit den Sprechstörungen vor dem 4. Lebensjahr, 90 % bis zum 6. Lebensjahr. Doch nur bei 1 % der Bevölkerung verfestigt sich das Stottern und wird chronisch. In Deutschland sind dies ca. 800.000 Betroffene. Im Kindesalter stottern doppelt so viele Jungen wie Mädchen, wohingegen im Erwachsenenalter fünfmal so viele Männer wie Frauen stottern.

  • „Was sind die Ursachen des Stotterns?“

    Die Ursachen des Stotterns bestehen aus einem Geflecht von genetischen, neurologischen und verstärkenden psychologischen Faktoren. Aufgrund der Tatsache, dass Stottern oft familiär gehäuft auftritt, geht man heute von einer Veranlagung des Stotterns aus. Das bedeutet, dass Stottern vererbt werden kann, aber nicht muss. Die Veranlagung zum Stottern tragen viele Menschen in sich, doch nicht bei jedem wird das Stottern zwangsläufig ausgelöst. Grundsätzlich muss eine Unterscheidung zwischen der Ursache und dem Auslöser des Stotterns getroffen werden. Traumatische Erlebnisse in der Kindheit, beispielsweise die Scheidung der Eltern oder ein Unfall, sind nach allem was man heute weiß nicht die Ursache des Stotterns, sondern können Auslöser sein und somit das Auftreten begünstigen. Darüber hinaus spielen Veränderungen der Anatomie des Gehirns und der neurofunktionalen Abläufe eine wahrscheinlich ursächliche Rolle.

  • „Wie soll man auf anfängliche Redeunflüssigkeiten seines Kindes reagieren?“

    Grundsätzlich gilt: wenn das Kind das Stottern selbst bemerkt, dann sollte es auch kindgerecht angesprochen werden. Eine Tabuisierung des Stotterns hat meist einen kontraproduktiven Effekt und führt häufig zu einem Kreislauf von Vermeidestrategien, steigender Scham, stärkerem Stottern und im schlimmsten Fall einer Chronifizierung. Das Thema sollte „vorsichtig“ offen angesprochen werden und dem Kind keine Außenseiterrolle zugeteilt werden. Wichtig ist, dass die Eltern geduldig auf das Stottern reagieren, das Kind ausreden lassen und ihm genügend Zeit zum Sprechen einräumen. Das Kind sollte beim Sprechen nicht unter Leistungsdruck stehen, dies erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Verstärkung des Stotterns.

  • „Wann sollte bei Kindern mit einer Stottertherapie begonnen werden?“

    Trotz intensiver Forschungsarbeit der Wissenschaft ist es bis heute nicht möglich, den Verlauf des Stotterns zu prognostizieren. So ist eine Vorhersage, ob stotternde Kinder auf Grund einer Remission zu normal sprechenden Kindern werden oder ob sich das Stottern chronifizieren wird, nur schwer möglich. Der optimale Zeitraum für einen Therapiebeginn lässt sich nicht verallgemeinern, da bei jedem Kind der Beginn und der Verlauf des Stotterns variieren.

    Ein Beratungsgespräch der Eltern bei einem erfahrenen Therapeuten ist bei ersten auftretenden Unflüssigkeiten ein empfehlenswerter Schritt und kann einem negativen Verlauf sowie späteren jahrelangen Therapiemarathons vorbeugen.

  • „Wie soll das Thema Stottern in der Schule behandelt werden?“

    Auch im Schulalltag sollte das Thema Stottern nicht tabuisiert werden. Ein offener Umgang mit dem Thema reduziert den inneren Druck und die Sprechängste des Stotternden. Dies erleichtert den Mitschülern und Lehrern, die in der Regel wenig bzw. keine Erfahrung mit Stottern haben, den Umgang mit stotternden Menschen.
    Um sicherzustellen, dass der Stotternde auf Grund seiner sprecherischen Einschränkung nicht benachteiligt wird, kann ein so genannter „Nachteilsausgleich“ eingefordert und mit der Schule abgesprochen werden. Dieser beinhaltet individuelle Ersatzleistungen, die sich nach den sprecherischen Fähigkeiten des Stotternden richten. Weitere Informationen dazu finden sie auch: https://www.stottern-und-schule.de/

  • „Lässt sich Stottern im Erwachsenenalter noch behandeln?“

    Allgemein gilt, je früher eine Therapie in Anspruch genommen wird, desto besser. Besteht das Stottern im Erwachsenenalter, bestehen nur noch sehr geringe Aussichten auf einen vollständigen Rückgang der Störung. Allerdings können erwachsene Stotternde lernen, selbstbewusst damit umzugehen und Sprechtechniken gezielt einsetzenund somit Sprechkontrolle und ein erheblich flüssigeres Sprechen erreichen.

  • „Warum kann man in manchen Situationen flüssiger sprechen als in anderen?“

    Je nach Tagesform und persönlichem Befinden kann die Sprechflüssigkeit variieren. Dazu kommt, dass unsere Stimme jeden Tag sehr abwechslungsreich eingesetzt wird. Egal welche Situationen bei der stotternden Person individuell schwierig oder leicht sind, alle kennen gute Phasen oder Tage, angenehme Situationen und manche sogar bestimmte Personen, bei denen das Sprechen leichter fällt.

  • „Warum können fast alle Stotternden flüssig singen?“

    Beim Singen hängt es damit zusammen, dass die Sitmmbänder dauerhaft in Schwingung bleiben und andere Hirnareale als beim Sprechen aktiv sind.

  • „Wie verhalte ich mich, wenn ich mit einem Stotternden spreche?“

    Allgemein gilt die Regel, sich im Gespräch mit einem Stotternden genauso wie mit jedem anderen auch zu verhalten. Doch, mag es aus Unwissenheit, Ungeduld oder Hilflosigkeit sein, nehmen viele Zuhörer dem Stotternden die Worte aus dem Mund, beenden Sätze, geben gut gemeinte Ratschläge wie „lass dir Zeit“ oder „sprich langsamer“, was nicht hilfreich ist. Die Annahme, es dem Stotternden durch Wegsehen leichter zu machen, mag vereinzelt auch richtig sein, doch meist bedeutet es für diesen eine zusätzliche Verunsicherung. Am besten hören Sie geduldig zu und warten bis alles gesagt wurde.

  • „Sollte Stottern gegenüber dem Betroffenen thematisiert werden?“

    Eine Thematisierung des Stotterns und ein offener Umgang damit können für alle Beteiligten die Situation oft erheblich erleichtern. Wird das Stottern tabuisiert, kann dies zur Vermeidung bestimmter Situationen, zur Entwicklung von Sprechängsten und zu Einschränkungen im gesamten Leben führen. Während viele offen mit dem Stottern umgehen, um den sprecherischen Druck zu etwas zu verringern, ist es für andere schwierig, über damit verbundene Gefühle und Verhaltensweisen zu sprechen.

  • „Hat Stottern etwas mit einer falschen Atmung zu tun?“

    Bis heute gibt es keinerlei Belege dafür, dass eine falsche Atmung die Ursache für das Stottern ist. Häufig entsteht eine falsche Atmung durch die Aneignung von Tricks und Strategien, das Stottern zu umgehen oder schneller aus einer Sprechblockade herauszufinden. So gewöhnen sich beispielsweise manche Stotternde an, vor dem Sprechen auszuatmen oder während der Einatmung zu sprechen. Dies mag für einige eine kurzfristige sprecherische Erleichterung darstellen, führt aber dauerhaft nicht zu einem flüssigeren Sprechen.

  • „Was zeichnet eine seriöse Stottertherapie aus?“

    Das Angebot an Stottertherapien ist vielfältig und meist ist es schwierig, eine seriöse, auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnittene Therapie zu finden. Leider gibt es einige unseriöse Anbieter. Insbesondere Stottertherapien, welche dem Patienten Heilung in kürzester Zeit versprechen, sind sehr kritisch zu betrachten. Kurzfristige Symptomfreiheit zu erreichen ist nicht schwierig, hat aber nichts mit „Heilung“ zu tun. Ziel jeder Stottertherapie sollte eine nachhaltige und langfristige Sprechkontrolle sein. Um das zu erreichen, ist intensives Training mit einer spezifischen Methode mit einer gut strukturierten langfristigen Nachsorge essentiell und ein wichtiges Kriterium für eine seriöse und erfolgreiche Stottertherapie. Ebenso eine kontinuierliche Erfolgskontrolle. Es ist auch durchaus ein Hinweis auf Seriosität, wenn Krankenkassen die Kosten der Therapie übernehmen.

  • „Warum ist eine Gruppentherapie effektiver als eine Therapie in Einzelsitzungen?“

    Für welche Art der Therapie sich ein Stotternder entscheidet, hängt von der Person ab. Während bei der Therapie in Einzelsitzungen die vertrauensvolle Atmosphäre allein mit dem Therapeuten im Vordergrund steht, überzeugt die Gruppentherapie durch die motivierende Orientierung an Gleichgesinnten und die Gruppendynamik. Der Erfahrungsaustausch und die gemeinsame Aufarbeitung und Bewältigung von negativen Sprecherlebnissen sind für den Therapieerfolg von Bedeutung. Auch die Unterstützung durch Mitklienten und die Verfolgung eines gemeinsamen Ziels steigern die Motivation und die Leistungsbereitschaft. Die These, Gruppentherapie sei tendenziell erfolgreicher als die Therapie in Einzelsitzungen, konnte durch wissenschaftliche Untersuchungen belegt werden, hängt aber durchaus vom Einzelfall ab. Dies ist auch in den medizinischen S3 Leitlinien aufgeführt.

  • „Welche Therapieform ist für einen Stotternden empfehlenswert?“

    Im Allgemeinen wird zwischen ambulanter und intensiver Therapie unterschieden. Eine einheitliche Zuordnung des Stotternden zu einer der beiden Therapieformen ist nur schwer möglich. Für Intensivtherapien konnte eine hohe Wirksamkeit und Effektivität belegt werden. So ist diese Therapieform in den medizinischen S3 Leitlinien empfohlen. Für eine erfolgreiche Stottertherapie sind eine intensive Beschäftigung und Festigung des Erlernten, langanhaltende Veränderungsaktivitäten sowie der begleitete Transfer in den Alltag unerlässlich. Eine ambulante Therapie wird diesen Kriterien schon aus strukturellen Gründen und der fehlenden Intensität leider meist nicht gerecht.

    Auch die Wahl der Methode hängt von individuellen Faktoren ab. Ganz egal aber ob jemand lieber mit dem weichen Sprechen, Stottermodifikation, Lidcombe oder anderen arbeiten möchte – eine spezifische, nachgewiesen wirksame Therapie ist unerlässlich.

    Unspezifische Behandlungen liefern nachgewiesenermaßen unbefriedigende Erfolge und können daher nicht empfohlen werden.

  • „Kann Stottern geheilt werden?

    „Heilung“ im Zusammenhang mit dem Störungsbild Stottern wird immer noch kontrovers diskutiert. Eine „Heilung“ im Sinne einer vollständigen Überwindung des Stotterns ist speziell im Erwachsenenalter nicht zu erwarten. Im Vorschulalter hingegen liegt die Chance einer Spontanheilung bei ca. 60-80 % und ist bei Mädchen deutlich höher als bei Jungen. Nach dem 6. Lebensjahr nimmt die Spontanheilungsrate stetig ab und ist nach der Pubertät eher die Ausnahme.

  • „Werden die Kosten von Intensiv-Stottertherapien durch die Krankenversicherung übernommen?“

    Die Therapiekosten der Kasseler Stottertherapie werden von allen wichtigen Krankenkassen, mit wenigen Ausnahmen, übernommen.. Das bedeutet, die gesetzlichen und auch die privaten Krankenversicherungen bezahlen die Kosten des Intensivkurses, sowie aller Nachfolgemodule und somit zählt die Kasseler Stottertherapie zu den wenigen Intensivtherapien, die von den Krankenkassen übernommen wird. Jedoch müssen Reisekosten, Übernachtung und Verpflegung vom Patienten selbst getragen werden.

  • „Gibt es ein Medikament gegen Stottern?“

    Nein! Seit mehreren Jahrzehnten versuchen Forscher ein Mittel gegen das komplexe Störungsbild Stottern zu entwickeln, bisher noch ohne Erfolg. Medikamente, die die Sprechunflüssigkeiten reduzieren bzw. „heilen“ sollen, helfen, wenn überhaupt, nur zeitweise. Sämtliche Heilung versprechenden Mittel sollten mit großer Vorsicht behandelt werden, da meist starke Nebenwirkungen die Folge sind.

  • „Welchen Platz nehmen Stotterer-Selbsthilfegruppen ein?“

    Stotterer-Selbsthilfegruppen ersetzen keine Stottertherapie können aber ein sehr hilfreiches und wichtiges Instrument für einen guten Umgang mit dem Stottern und dem eigenen Wohlbefinden sein. Stottertherapien haben in erster Linie das Ziel, dem Betroffenen Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen, welche ihm flüssigeren Sprechens ermöglichen. Im Vordergrund einer jeden Stotterer-Selbsthilfegruppe hingegen steht der (Erfahrungs-)Austausch und der Kontakt mit anderen stotternden Menschen. Beide stehen in einer Art Wechselbeziehung. So kann der regelmäßige Besuch einer Selbsthilfegruppe den Erfolg jeglicher Therapieform durchaus befördern. Eine sehr gute Anlaufstelle zu diesem Thema ist die BVSS: Bundesvereinigung Stottern und Selbsthilfe.